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  • Maxie aus unserer Tyrolia-Filiale in Innsbruck empfiehlt:

    Maxie ist Buchhändlerin in unserer Tyrolia-Filiale in der Maria-Theresien-Straße in Innsbruck. Ihre Spezialität sind Kochbücher - aber in ihrer Freizeit verschlingt sie alle möglichen Bücher, von Romanen bis zu den spannendsten Thrillern.

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  • 22 Bahnen von Caroline Wahl

    Wenn Tilda nachts auf ihrer Matratze liegt und der Wind durch die weit geöffneten Fenster auf sie fällt, dann scheint kurz alles gut zu sein. Dann denkt sie, dass sie das Ganze noch lange aushalten kann. „Solange der Wind nachts auf mich fällt, denke ich, kann ich mich tagsüber in den Krieg da draußen stürzen. Gegen meine Mutter, gegen ihre Launen, gegen diese Kleinstadt. Und für Ida.“

    Seit Tilda denken kann, kümmert sie sich um ihre jüngere Schwester und ist für die zehnjährige Ida mehr Mutter als ihre richtige Mutter.
    Die Mutter trinkt – mal mehr, mal weniger, aber immer zu viel.
    Manchmal gibt es bessere Phasen und dann brät Tildas Mutter Spiegeleier, um die Scheiße, die sie gebaut hat, wieder gut zu machen, und deswegen hassen Tilda und Ida Spiegeleier, aber das ist sozusagen ihr Familienritual. Die Reuephase dauert niemals lang, meistens ist die Mutter ein Monster, das die Töchter anschreit (und schlimmeres), und wenn sie dieses Funkeln in den Augen hat, wissen sie, dass sie zerstören will. Die Narbe unter Tildas Auge stammt von der Cornflakesschüssel, die die Mutter mal nach ihr geworfen hat, und die kleine Ida hat irgendwann beschlossen, nicht mehr zu weinen.

    Für Tildas beste Freundin Marlene war schon Tildas Entscheidung fürs Mathestudium ein gewisses Nein zum Leben, aber ihre Versuche, Tildas soziales Leben wieder in Schwung zu bringen, scheitern, denn Tilda will Ida abends nicht mehr mit der Mutter allein lassen. Außerdem ist sie abends einfach platt nach den Stunden in der Universität und der langen Straßenbahnfahrt hin und zurück sowie der vielen Arbeit als Kassiererin im Supermarkt – da hat sie wenig Lust, sich Marlenes Geschichten vom tollen Großstadtleben in Berlin anzuhören, irgendwie ist man sich in letzter Zeit doch fremd geworden.

    Ein bisschen Zeit für sich findet Tilda nur beim Schwimmen im Freibad, wo sie beinahe täglich ihre 22 Bahnen schwimmt.
    Und dann taucht Viktor – groß, schön und sagenumwoben – wieder in der Stadt auf und zieht ebenfalls Tag für Tag seine 22 Bahnen. Viktor erinnert Tilda an den Sommer vor ein paar Jahren, an dessen Anfang sein jüngerer Bruder Ivan, Tilda und Marlene Freunde wurden und auf dessen Höhepunkt Ivan starb.
    Ab sofort schwimmt Tilda eine Bahn mehr und versucht, Viktor aus ihrem Kopf zu kriegen, denn der ist sowieso schon viel zu voll, aber gleichzeitig beruhigt es sie, ihm bei seinen 22 Bahnen zuzuschauen. Viktor ist wie ein Rätsel für Tilda, das sie lösen will, wie eine Matheaufgabe, die sie nicht versteht, und sie hasst es, wenn sie eine Matheaufgabe nicht sofort versteht…

    „22 Bahnen“ ist das perfekte Buch für den Sommer – Sie brauchen es nicht mal im Schwimmbad zu lesen, denn Sie werden den Geruch nach Chlor und Sonnencreme, egal wo Sie sind, in der Nase haben.

    Das einzig negative, was mir zu Caroline Wahls Debütroman einfällt, ist die Tatsache, dass er so KURZ ist.
    Ich hätte immer und immer weiterlesen wollen, wie es mit Tilda, ihrer kleinen Schwester Ida, ihrer Mutter und Viktor weitergeht, so wunderbar berührend, traurig und gleichzeitig tröstlich ist ihre Geschichte.

    Und zu meiner größten Freude erscheint bereits im Mai mit "Windstärke 17" der neue Roman von Caroline Wahl!